Starkregen, Hitze, Waldbrände – die Klimakrise ist da, das spüren wir. Viele Menschen fühlen sich ohnmächtig und sorgen sich vor der Zukunft. Doch wir sind nicht ohnmächtig, wir können unsere Zukunft noch selbst gestalten. Wenn wir unseren Wohlstand und unser gutes Leben sichern wollen, müssen wir neben dem aktiven Klimaschutz unsere Städte und unsere Natur widerstandsfähiger machen und für die Klimaveränderungen wappnen. Im Zentrum unseres Handelns steht der Erhalt der Natur, gutes und nachhaltiges Wirtschaften und unser friedliches und sicheres Zusammenleben. Dafür müssen wir jetzt noch entschlossener anpacken und wichtige Maßnahmen in Deutschland und in NRW zügig umsetzen:
1. Naturflächen erhalten. Flächenzertifikathandel einführen. Schwarze Teerpisten und Betonwüsten heizen die Städte immer mehr auf. Grüne Flächen hingegen kühlen. Wir müssen also den Flächenfraß stoppen, um eine Überhitzung der Städte zu verhindern. Ein sinnvolles Instrument dazu sind Flächenzertifikate. Dabei bekämen Kommunen Zertifikate zugeteilt, die sie benötigen, wenn sie auf Naturflächen bauen wollen. Ist der Flächenbedarf größer als die verfügbaren Zertifikate, kann die Kommune zusätzliche Zertifikate von anderen Kommunen kaufen, die weniger Fläche brauchen. Die Gesamtzahl der Zertifikate ist begrenzt und somit auch der Flächenverbrauch. So begrenzen wir die Versiegelung grüner Fläche effizient und pragmatisch und bewahren unsere Natur.
2. Waldwende einleiten. Wälder in öffentlichem Besitz aus forstwirtschaftlicher Nutzung nehmen. Der Zustand der Wälder ist besorgniserregend. Früher wurden Bäume in Deutschland bis zu 800 Jahre alt. Heute beträgt das Durchschnittsalter eines Baumes in Deutschland gerade einmal 77 Jahre. Dafür verantwortlich ist auch die intensive Forstwirtschaft. Monokulturen, Kahlschläge, Pestizide und der Einsatz von schweren Maschinen schwächen die natürlichen Abwehrkräfte des Waldes. Die Folge: Bäume werden immer schwächer, sterben und der Wald verliert seinen natürlichen Kühlungseffekt. Deshalb wollen wir Wälder in öffentlichem Besitz vermehrt aus der forstwirtschaftlichen Nutzung nehmen. Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer, die die Biodiversität ihrer Wälder erhalten oder wiederherstellen, wollen wir mit einer Prämie sowie Beratung und Investitionskostenzuschüssen unterstützen. So stoppen wir den Einschlag von Holz, den Einsatz von Pestiziden und die Aufforstung durch Monokulturen. Denn der Wert des Waldes für die Menschen übersteigt die Einnahmen des verkauften Holzes bei weitem.
3. Wasserknappheit verhindern. Landesweites Wasser-Monitoring einführen. Bisher haben die Behörden keinen vollständigen Überblick darüber, wer wie viel Wasser aus Flüssen oder dem Grundwasser entnimmt. Doch gerade in Trockenzeiten müssen wir wissen, wo Wasser knapp wird und wo noch ausreichend zur Verfügung ist. Nur dann können wir Wasser gerecht verteilen und vorausschauend reagieren. Wir setzen uns daher dafür ein, das Wasserrecht grundlegend zu überarbeiten. Zudem müssen die Wasserrahmenrichtlinie und die Nationale Wasserstrategie schnell umgesetzt werden.
4. Mit Wasser haushalten. Trinkwasser vor Golfplätze. Hitze und Dürren lassen unsere Trinkwasserreserven immer weiter schwinden. Deshalb werden wir in Zukunft bei der Wasserversorgung priorisieren müssen. Die Versorgung der Menschen mit Trinkwasser und der Schutz intakter Ökosysteme muss dabei immer Vorrang haben. Der Grundsatz muss gelten: Trinkwasser hat Vorrang. Wasserverschwendung und Luxusattitüden können wir uns schlicht nicht mehr leisten. Bund und Länder müssen daher Leitlinien für die Priorisierung der Wassernutzung in Dürrezeiten entwickeln als einheitlichen Orientierungsrahmen für regionale und lokale Entscheidungen.
5. Menschen vor Hochwasser schützen. Auen renaturieren. Nur noch ein Prozent der Auen an großen Flüssen in Deutschland ist in einem intakten Zustand. Doch nur wenn wie wir Auen und Flussufer renaturieren, hat das Wasser genügend Platz, um zu versickern und unsere Grundwasservorräte zu füllen. Intakte Auen sind dabei nicht nur Wasserspeicher sondern auch Schutzschild gegen Hochwasser. Wir brauchen daher dringend ein Renaturierungsgesetz für Deutschland, Vorranggebiete für den Natürlichen Klimaschutz und einen Beschleunigungspakt von Bund und Ländern für Wiedervernässung und Naturschutz. Dafür wollen wir zusätzliche Flächen für den Naturschutz zur Verfügung stellen.
6. Landwirtschafts- vor Gewerbefläche. Landwirte nicht länger benachteiligen. Um unsere Arten- und Naturvielfalt zu erhalten, wollen wir mit landwirtschaftlichen Betrieben zusammenarbeiten, um die biologische Vielfalt auch auf landwirtschaftlichen Nutzflächen wieder zu erhöhen. Landwirtinnen und Landwirte müssen bei Nutzungseinschränkungen einen besonderen Ausgleich erhalten. Denn die Landwirtschaft hat bei der Vergabe von Fläche jahrhundertelang den Kürzeren gezogen. Daher wollen wir, dass landwirtschaftliche Fläche in der Flächenplanung von Land und Kommunen nicht mehr gegenüber Gewerbegebieten und Neubausiedlungen benachteiligt wird. Denn die Landwirtinnen und Landwirte in NRW sind unsere Verbündete im Kampf gegen die Klima- und Artenkrise.
7. Schutz vor Starkregen. Flüsse freilegen. Bei Starkregen führen Flussvertiefungen und Begradigungen zu besonders heftigem Hochwasser. Unser Starkregenkonzept der vergangenen Jahrzehnte schwimmt uns gerade weg. Deshalb wollen wir Flüsse wieder freilegen und in einen naturnäheren Zustand versetzen. So verringern wir die Geschwindigkeit von Hochwasserwellen. Denn in Hochwasserszenarien zählt jede Sekunde, um Menschenleben zu schützen.
8. Moore wieder vernässen. Zusätzliche Mittel für das Landesprogramm Biologische Vielfalt. Moore sind auf dem Festland die größten Kohlenstoffspeicher, dafür müssen sie jedoch gesund, also vernässt, sein. Deshalb brauchen wir ein verstetigtes Landesprogramm Biologische Vielfalt mit zusätzlichen Mitteln. Das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz der Bundesregierung wollen wir für NRW bestmöglich nutzen, um unsere Moore, Wälder und Auen zu renaturieren. Mit dem Aktionsprogramm sollen bis 2026 bundesweit vier Milliarden Euro in den natürlichen Klimaschutz investiert werden.
9. Städte widerstandsfähig planen. Klimaanpassungsgesetz schnell verabschieden. Die Stadt der Zukunft nimmt Wasser bei Extremwetter schneller auf und speichert es für Dürrephasen. Sie sorgt mit Grünflächen und Gewässern für Abkühlung und Frischluftschneisen. Dafür brauchen alle Kommunen Klimaanpassungsstrategien. Das geplante Klimaanpassungsgesetz des Bundes muss nun schnell verabschiedet und vor Ort konsequent angewandt werden.
10. Schutz vor Hitzewellen. Trinkwasserquellen in Städten schaffen. Bei Hitzewellen kann es besonders für alte und kranke Menschen in Städten akute Dehydrierung schnell gefährlich werden. Wasser darf niemals zum Luxusgut werden. Deshalb brauchen wir in unseren Städten und Kommunen mehr kostenlose Trinkwasserquellen.
Dr. Jan-Niclas Gesenhues
Mitglied des Deutschen Bundestages
Umweltpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag
Tim Achtermeyer
Mitglied des Landtages NRW
Landesvorsitzender der Grünen NRW